dickicht

Johannes Jansen DICKICHT. ANPASSUNG

Hörspiel nach der gleichnamigen Erzählung

Mit Andreas Leupold & Astrid Meyerfeldt
Komposition: Kai Uwe Kohlschmidt
Ton & Technik: Rudolf Grosser & Angelika Körber
Regieassistenz: Wibke Starck
Länge: 46 min
Dramaturgie: Henning Rademacher
Hörspielbearbeitung & Regie: Kai Grehn
Eine Produktion des NDR 2004
 

ER: Ein zerbrochener Horizont türmt sich auf den anderen. Scherben, die als Beschreibstoff dienen und in großen, dunklen Schränken eingelagert sind. Aber wir können uns ja nicht einmal vorstellen, wie es ist, demütig zu sein.

Eine verstörte Stimme, männlich und weiblich, meldet sich in dieser als innerer Monolog oder imaginiertes Zwiegespräch gestalteten Rede zu Wort: Der Kopf als „telepathischer Bunker“ bildet das Zentrum des als bettlägerig und pflegebedürftig skizzierten erzählerischen Ichs, bei zunehmendem Ausfall des Körpers und seiner Funktionen. Der Adressat: „vielleicht ein Gehörloser, vorausgesetzt, er ist blind.“ Die resümierende Maxime aus dem „Strategiepapier“ dieses Ichs lautet: „Sieh zu, daß du nicht zurecht kommst.“ Der bei dem Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 1996 mit dem „Preis des Landes Kärnten“ ausgezeichnete Text des Autors stellt sich in die Tradition von Kafka, Beckett und Thomas Bernhard zugleich. Als eine „Rede aus -dem Kerker eines Kopfes“ charakterisierte die Literaturkritikerin und Klagenfurter Jurorin Iris Radisch Jansens Text, der mit der „Geste einer logisch philosophischen Deduktion“ ( ) eine „Art Denken im Urzustand literarisch abbildet“. Er führe vor, „daß es zu jedem Gedanken, den er probeweise antippt, auch schon immer einen Gegengedanken, eine Vernichtung dieses Hauptgedanken gegeben hat, und so hat der ganze Text für mich die Geste einer philosophischen Deduktion, die aber permanent abbricht, in einem Cut-up-Verfahren sich immer wieder selbst unterbricht und dann entweder im Nonsens, in einer Selbstparodie, oder einfach auch nur in diesen Schnitten endet.“
 

Lyrische Gedankenskizze

„Das Hörspiel ist von einer großen Qualität. Der Text ist eine fast lyrische Gedankenskizze, die sich in ungewohnter Weise für eine Hörspielproduktion eignet. In einer einfachen Sprache, die nur sehr verhalten Bilder einsetzt, komponiert der Autor diese letzen Reflexionen. Die Dichte, Genauigkeit und Präzision, mit der die sorgfältig ausgewählten Worte zusammengebracht werden, sind bestechend und ich fürchte, dass man dem Text nicht gerecht würde, wenn man ihn nur still liest. Hier aber leistet diese Hörspielproduktion einen wirklich überzeugenden Beitrag. Sie lässt sich auf diesen Text ein, bewegt sich in ihm, wie in einem vertrauten Raum und öffnet ihn mit wenigen, sparsamen Mitteln für den Hörer. Wiederholungen, Schleifen, aber auch härtere Schnitte, die die einzelnen Motivstränge voneinander trennen, lassen die Worte sinnlich werden. Ja, man hat tatsächlich fast den Eindruck, die Worte schmecken zu können, so nah ist man ihnen zuweilen. Dabei fällt die Bescheidenheit auf, mit der sich die Macher dieses Textes annehmen: Keine eitlen selbstbezüglichen Spielereien, keine überbordenen Mittel, sondern zwei sensible Sprecherstimmen, die aber auch den Mut zum Humor oder zur lustvollen kindlichen Verspieltheit haben. Sie werden unterstützt von sehr zurückhaltend eingesetzten Klangräumen, die wirkungsvoll das Gesprochene sinnfällig werden lassen. Die Produktion verzichtet auf verkomplizierende Bedeutungsschwere, sondern lebt von einer wirklich erfrischenden Selbstverständlichkeit, die schwer zu finden ist, gerade bei solch innerlichen, reflexiven Texten, die sich gänzlich einer theatralen Situation verweigern und immer die Gefahr der Zuständlichkeit in sich bergen. Ich halte das für eine außerordentlich gelungene Produktion.“
(DeutschlandRadio Berlin, 26.09.2004)

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