METAMORPHOSEN
Aus dem Leben der Maria Sibylla Merian
Mit: Anne Ratte-Polle, Lilith Stangenberg, Virginia Mukwesha
Komposition: TARWATER
Ton & Technik: Daniel Senger, Andreas Völzing & Sonja Röder
Assistenz: Constanze Renner
Länge: 74 min
Dramaturgie: Andrea Oetzmann
Regie: Kai Grehn
Eine Produktion des SüdWestRundfunk 2016
MARIA SIBYLLA MERIAN: In Gottes Herrlichkeit gehen wir ein, wenn wir ihm im Kleinen dienen. Wenn wir genau hinsehen, alles zu erkennen versuchen, bis uns die Augen schmerzen.
Das Hörspiel folgt Maria Sibylla Merians Liebe zur Natur, ihrer Weltsicht als Künstlerin und Mystikerin, die im unscheinbaren Dasein der Insekten die Größe von Gottes Schöpfung sichtbar zu machen versuchte. Die Metamorphose spielt nicht nur in Merians Werk eine große Rolle: Sie war Ehefrau und Mutter, ernährte ihre Familie, veröffentlichte Blumen- und Raupenbücher, stellte Farben her und handelte mit ihnen, gab höheren Töchtern Unterricht im Zeichnen und Malen. Nach 15 Jahren Ehe verließ sie ihren Mann in Nürnberg und blieb bei der pietistischen Sekte der Labadisten. Und nach fünf Jahren Klosterleben wieder eine Häutung: Sie verließ die Sekte und betrat die Amsterdamer Gesellschaft als geschiedene und selbstbewusste Frau und Künstlerin, die gegen alle Widerstände ihre Reise nach Surinam vorbereitete und durchführte. Das Ergebnis dieser Reise, ihr Buch „Metamorphosis insectorum Surinamensium“,hatte großen Einfluss auf Wissenschaft und Kunst und machte Merian berühmt. Die Künstlerin starb am 13. Januar 1717 im Alter von 69 Jahren in Amsterdam.
FILIGRAN UND SCHWEBEND
„300 Jahre liegt der Tod der Forscherin und Künstlerin nun zurück. Ihre Geschichte erzählt der Autor Patrick Findeis als Hörspiel, als Fiktion also. Mit einer unzuverlässigen Erzählerin obendrein: Merian ist nicht Herrin ihrer Sinne in jenen fiebrigen Tagen des Jahres 1701. Um ihr Lager schwirren Insekten, die Schwüle der Regenzeit wird hörbar in dieser Produktion. Regisseur Kai Grehn zieht die Ohren der Hörer hinein in diesen Dschungel, zum Gewusel des Getiers, das den Sound liefert für diese Geschichte. Sie beginnt klassisch, mit Ehe und Mutterschaft. Doch Merian bricht aus, verlässt ihren Mann, tritt einer Sekte bei, emanzipiert sich auch davon, behauptet sich als Geschiedene in der Gesellschaft – und reist schließlich gegen Widerstände nach Surinam, wo das insektenkundliche Werk Metamorphosis insectorum Surinamensium entsteht, das sie bekannt machte in Wissenschaft und Kunst. Eine spannende Geschichte, clever erzählt von Anne Ratte-Polle, Lilith Stangenberg und Virginia Mukwesha.“
(Stefan Fischer, SZ, 05.01.2017)
„Der Hörspielautor Patrick Findeis hat sich aus Anlass ihres 300. Todestages der Ausnahmekünstlerin und -wissenschaftlerin mit einem episch breitangelegten Porträt der Persönlichkeit und Frauengestalt Merian angenähert. (…) Dabei gelang es dem Autor mit sehr schönen Stimmungen und Haltungen das pantheistisch-pietistische Weltbild der Künstlerin zu spiegeln; gleichzeitig verweist das Hörgeschehen aber auch mit klugen Schnitten und Einwürfen auf eine kämpferische und emanzipatorische Frauengestalt die jenseits einer gescheiterten Ehe mit Johann Andreas Graff sich mutig gegen einen fesselnden Zeitgeist stellte.
Regisseur Kai Grehn wurde nicht nur durch klug temperierte Stimmen von Anne Ratte-Polle als Maria Sibylla Merian, Lilith Stangenberg als deren Tochter Dorothea Maria und Virginia Mukwesha in der Rolle der Alice einfühlsam unterstützt; maßgeblich beteiligt am Gelingen des anspruchsvollen, erneut im Auftrag von SWR 2 entstandenen Hörspiels waren auch die musikalischen Interventionen aus der Feder und dem Zuspiel des Electronic-Duos Tarwater. Diese filigranen und schwebenden Zwischentöne untermalten nicht etwa die Biografie der Merian, sie schufen vielmehr ein ganz eigenes akustisches Zwischenreich.“
(Christian Hörhurger, Medienkorrespondenz, 27.1.2017)